Die bisherige Politik zum öffentlichen Nahverkehr in Baden-Württemberg war von falschen Prioritätensetzungen der schwarz-gelben Landesregierung gekennzeichnet. Es wurden Mittel für den Erhalt des Schienenverkehrs im ländlichen Raum gekürzt statt erhöht, und der Ausbau der bestehenden Infrastruktur wurde zugunsten des zentralistischen Prestigeprojekts Stuttgart 21 gestrichen. Von den Kürzungen der Regionalisierungsmittel waren im Landkreis Konstanz deutlich mehr Zugverbindungen betroffen, als anfangs deutlich wurde. Neben der Seehas-Verbindung sowie der Strecke Singen - Friedrichshafen und Singen - Stuttgart war insbesondere die Strecke Singen - Basel überdurchschnittlich betroffen. Besonders ärgerlich ist für die Region, dass sie selbst durch aufwändige Finanzierungen in nicht unbedeutendem Umfang einen wesentlichen Beitrag zum Ausbau des Nahverkehrs geleistet hat und jährlich leistet. Der Landkreis steckt jährlich große Summen in den Erhalt und Ausbau unserer Zugverbindungen und musste mit ansehen, wie durch einen einzigen unsinnigen Beschluss der Landesregierung kurzerhand ein Zug nach dem anderen gestrichen wurde. Gerade in der ländlichen Region ist ein gut ausgebautes ÖPNV-Angebot unverzichtbar. Man darf nicht vergessen, dass es viele Menschen gibt, seien es Schüler oder ältere Menschen, für die das Schienenverkehrsangebot die einzige Möglichkeit ist, zur nächsten größeren Stadt zu gelangen. Unter der grün-roten Landesregierung werden daher die Kürzungen der Mittel für den öffentlichen Nahverkehr zurückgenommen und stattdessen der ÖPNV in der Fläche ausgebaut - im Interesse des Klimas und der Menschen in unserer Region.
|
Das Interreg Projekt BODAN Rail 2020 zeigt einen Weg auf, wie Länder und Städte mit einem verbesserten Öffentlichen Verkehrsangebot den BürgerInnen eine attraktive Alternative zum Individualverkehr anbieten können und „weist nach, dass es möglich ist, die drei bisher nicht koordinierten Bahnsysteme von Deutschland, Österreich und der Schweiz in ein durchgängiges Knotensystem mit integralem Taktfahrplan einzubinden.“ Zum vorrangigen Ziel einer dem Klimaschutz verpflichteten Politik gehört, die Emissionen im Verkehrssektor nicht nur zu begrenzen sondern zu reduzieren. Eine länderübergreifende Mobilitätsplanung sollte durch die Koordination der regionalen Planungen die Voraussetzungen für stimmige und nachhaltige überregionale Verkehrslösungen schaffen. Die Grüne Landtagsfraktion fordert daher, dass ungeachtet der nationalen Grenzen ein gemeinsamer ÖPNV-Planungsraum entwickelt wird. Der von uns angestrebte "Grenzüberschreitende Mobilitätsausschuss" könnte für das Ziel einer vernetzten und koordinierten regionalen Verkehrsplanung ein geeignetes politisches Instrumentarium bieten. Ziel der Einrichtung eines „Ständigen Grenzüberschreitenden Mobilitätsausschusses“ ist eine deutliche Verbesserung des ÖPNV-Angebotes für den grenzüberschreitenden Personenverkehr.
|
Seit 65 Jahren wartet unsere Region auf die Wiederherstellung der Zweigleisigkeit auf der Gäubahnstrecke. Der derzeitige Zustand ist untragbar: die schnellen ICE-Züge wurden abgezogen, und innerhalb der letzten Jahre hat sich die Fahrtzeit auf der Strecke deutlich verlängert. Ein zweigleisiger Ausbau wurde lange versprochen, aber bislang gibt es keine Finanzierung für den Ausbau, und lediglich für eine Teilstrecke wurde eine Planungsvereinbarung zwischen Landesregierung und Bahn geschlossen. Durch den enormen Finanzbedarf von Prestigeprojekten wie Stuttgart 21 ist ein weiteres Mal mit Verzögerungen des Ausbaus zu rechnen; es fehlen schlicht die Mittel. Ein Blick auf aktuelle Zahlen schafft Klarheit: Der Finanzierungsbedarf für alle vom Land Baden-Württemberg gewünschten Schienenprojekte liegt laut Bundesverkehrsministerium bei 6,806 Milliarden Euro, also bei 56 Prozent der Summe, die der Bund bis zum Jahre 2020 insgesamt für alle Schienenprojekte in ganz Deutschland zur Verfügung stellt. Bisher sind von diesen 6,8 Milliarden nur 1,971 Milliarden Euro mit Finanzierungsvereinbarungen abgesichert. Selbst diese Finanzierungsvereinbarungen machen schon 16 Prozent der gesamten Investitionssumme des Bundes bis 2020 aus. Da alle anderen Bundesländer auch berechtigte Finanzierungsbedarfe haben, sei es nahezu ausgeschlossen, dass das Land Baden-Württemberg noch mehr Finanzmittel erhält. Während der Bund bis 2020 bereits Mittel für „Stuttgart 21“ und die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro bereitstellt, von denen wiederum bereits im Umfang von 1,488 Milliarden Euro durch Finanzierungsvereinbarungen abgesichert sind, besteht für den Ausbau der Gäubahn keine Finanzierungsvereinbarung. Es steht zu befürchten, dass es bis mindestens 2020 keinen kompletten Ausbau der Gäubahn geben wird, wenn „Stuttgart 21“ gebaut wird. Stuttgart 21 würde für die Gäubahn darüber hinaus eine unnötige Verlängerung der Fahrtzeit bedeuten, da alle Gäubahnzüge künftig über den Flughafen Stuttgart geführt würden. Für die BürgerInnen unserer Region ein Ärgernis, da die Flugreisenden den Flughafen Zürich benutzen und der Halt am Flughafen Stuttgart daher überflüssig ist. Der Ausbau der Gäubahn ist jedoch heute dringender denn je. Nicht nur die desolate Lage des Schienenverkehrs auf der Strecke spicht eine deutliche Sprache, sondern auch internationale Verpflichtungen erfordern rasches Handeln: Im Vertrag von Lugano aus dem Jahr 1996 hat sich die Bundesregierung dazu verpflichtet, die Zweigleisigkeit der Strecke Stuttgart – Zürich auf deutschem Gebiet herzustellen. Im Gegenzug dazu sichert die Schweizer Regierung zu, entsprechende Doppelspurausbauten bis 2010 bzw. 2012 auszuführen. Nachdem die Schweiz ihren Teil der Zusage bereits teilweise verwirklicht hat, ist es unumgänglich, dass auch die Bundesregierung ihrem Versprechen nachkommt. Bis 2016 sollte der Ausbau der Gäubahn realisiert sein, auch das Potential zur Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene zu nutzen, das durch die Fertigstellung des Gotthard-Basistunnels in der Schweiz entstehen wird. Um den Ausbau tatsächlich bis 2016 fertigstellen zu können muss der Ausbau in den „Investitionsrahmenplan für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes„ (IRP) 2011-2015 aufgenommen werden. Die Menschen und die Wirtschaft in der Bodenseeregion brauchen über die Gäubahn endlich wieder verlässliche und funktionierende Anbindungen an das bundesweite Schienenfernverkehrsnetz. Es darf nicht sein, dass Menschen, die in der Landeshauptstadt arbeiten und in der Bodenseeregion wohnen, ihren Arbeitsplatz nicht mit der Bahn erreichen können und unsere Wirtschaftsregion auf der Schiene zusehends von den bundesdeutschen Wirtschaftzentren abgeschnitten wird.
Deshalb ist es gut, dass im Koalitionsvertrag der grün-roten Landesregierung die Gäubahn explizit als wichtige Hauptstrecke genannt wird und der Ausbau durch das Land konkret ins Auge gefasst wird: „Die Hauptstrecken müssen in ihrer Bedienungsqualität (Taktdichte, Geschwindigkeit) aufgewertet werden. Dazu werden wir Ausbau- und Elektrifizierungsprojekte im Land vorantreiben. Dies gilt insbesondere für die Südbahn, Gäubahn, Frankenbahn, Hochrheinstrecke und Zollernbahn. Wir werden uns gegenüber dem Bund für eine Übertragung der Trägerschaft von Strecken ohne überregionale Bedeutung – in Verbindung mit einem angemessenen Finanztransfer – auf die Länder einsetzen. Damit verfolgen wir das Ziel, einen schnelleren und kostengünstigeren Ausbau zu erreichen und die Kosten für Planung, Bau und Unterhaltung der Schienenwege und Haltepunkte zu reduzieren.“
Im Koalitionsvertrag sind darüber hinaus die folgenden Ziele für die laufende Legislaturperiode festgelegt:
|